Watzmannwanderung   -   So war's...ehrlich!



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Logbuch – Watzmannwanderung - 19. bis 21.06.2003

Captain Kirk, Sternzeit 2003 nach Christus, auf der nördlichen Halbkugel eines für menschlichen Lebens geeigneten Planeten namens Erde. Eine wackere Gruppe von acht Personen aus Karleberch (=Karlburg, immenswichtigerundbedeutender Ortsteil von Karlstadt mit überdurchschnittlicher Population) startet mit einem MPT (Manschafts-Personen-Transporter oder Kleinbus) in Richtung Süden um neue Welt.. äh Gebirge zu entdecken!

 

Am Donnerstag den 19.06.2003, Morgens um 04:30 Uhr war es soweit. Thomas und Ulli starten von Mühlbach aus um in Karlburg die Mitstreiter Andreas, Karin, Thomas, Marion, Bernd und in Vagen Peter zusteigen zu lassen. Unterwegs erschalt aus dem Bord-CD-Player das Rockmusical „Watzmann – Der Berg ruft“ von Wolfgang Ambros. Erste Emotionen und Erinnerungen werden bei den Teilnehmern geweckt (O-Ton: „Wenn er amoj ruft, den lasst er nimmer aus!“). Als wir um 09:30 Uhr an der Gaststätte Waldstein angelangt waren, legten wir die restlichen 2,5 Kilometer zum Königsee bereits zu Fuß und in voller Ausrüstung zurück. Das stramme Marschtempo lässt in manchem Teilnehmer(in) noch einmal letzte Zweifel ob der persönlichen Machbarkeit aufkommen. Wir setzten mit dem obligatorischen und im Übrigen dem einzigsten öffentlichen Personentransportmittel des Königsees, einem  Elektroboot der Bayerischen Seen Schifffahrt über nach St. Bartholomä.

Donnerstag 19.06.03 Vom Königssee (St. Bartholomä Höhe 600m) zum Funtensee (Kärlinger-Haus Höhe 1607m)

Um 11:30 Uhr geht es endlich los, die Stimmung ist trotz leichten Nieselregens gut. Wir verlassen den Königsee über einen steil ansteigenden Waldweg, der schon ein wenig Herzklopfen bereitet und uns rund 250m über den Königsee bringt. An einer Almhütte machen wir die erste Rast. Hier werden lange gegen kurze Hosen getauscht und die leichten Pullis in den Rucksack gesteckt. Der Regen hat aufgehört und manchmal erreichen uns ein paar Sonnenstrahlen. Gegen 13:20 Uhr geht es dann weiter und wir beginnen den Aufstieg durch die Saugasse. Entlang eines serpentineartigen Fußweges ersteigen wir so den größten Anteil der für diesen Tag zu gehenden 1000 Höhenmeter. In der Saugasse werden wir von einem Fünfjährigen (Jonathan), lauthals gaffend, im Laufschritt überholt. Originalton: „Ihr Schlappschwänze!“ Seine beiden älteren, wohl zur Aufsicht hinterher geschickten Geschwister bestätigen uns auf Anfrage sein unbändiges, energiereiches Naturell. Er geht im Normalfall erst um 22:30 Uhr ins Bett. (Vielleicht sagt er dann noch zu seinen Eltern: „Schlaft ihr schon ihr Schlappschwänze?“)

Als wir die höchste Erhöhung des Tages mit 1670m durchschritten hatten gelangten wir endlich gegen 17:00 Uhr an das Kerlingerhaus am Funtensee auf 1607m. Es regnet leicht und hat 12°C. Es ist nicht ganz klar ob die nasse Kleidung mehr durch die Anstrengung oder durch den Regen begründet ist.

Freitag 20.06.03 Vom Funtensee durchs Steinerne Meer über das Riemann-Haus 2130m zum Ingostädter-Haus 2130m

Nach einem feucht fröhlichen Abend, garniert mit Pistazien, Melonenkernen, Birnenschnaps und ein paar Liedern auf der obligatorischen Hüttengitarre, durchschreiten wir eine kurze schwere und traumlose, mit Schnarchen zersägte Nacht.

Der Morgen mit 16°C und 80% rel. Luftfeuchte lässt nur mittelgroße Zuversicht für ein schönes Wetter und freie Sicht auf den Watzmann aufkommen. Böse Zungen in der Clique behaupten es gäbe den Watzmann in Wahrheit gar nicht und es handle sich nur um einen unheimlichen Mythos gemäß Wolfgang Ambros: „Wen der Berg ruaft den lasst er nimmer aus!“ Um 08:45 Uhr wandern wir in Richtung Steinernes Meer. Die erste Teilstrecke führt uns, wie bereits am Abend davor,  durch eine Landschaft mit üppigen Bodenbewuchs. Mangels botanischer Kenntnisse kann ich hier nur den Enzian, Schlüsselblumen und ganze Felder mit Rabarber ähnlichem Bewuchs benennen. Aber der zuständige Landschaftsarchitekt hat hier saubere Arbeit abgeliefert. Vielleicht waren das auch die Östereicher? Begleitet von leichtem Nieselregen (das hatten wir doch schon?) gewinnen wir allmählich weiter 500 Höhenmeter und durchschreiten dabei auch kleinere Schneefelder. Nach ca. zwei Stunden machten wir eine Brotzeit mit Schinken, Salami, Käse, Salatgurke und Rotwein. Durch die Frage ob man wohl die Gurkenschalle hier oben einfach weg werfen kann, (Ihr lieben Bergwanderer nehmt euren Abfall wieder mit hinunter!) wurde eine neuer Mythos geboren. Thomas sagt: „Die kannst du einfach liegen lassen, die werden von dem hier lebenden Gemeinem Berggurkenschaf aufgefressen. Und tatsächlich haben wir unterwegs eine kleine Schafherden auf dieser Höhe gesehen. Ob es sich dabei um das Gemeine Berggurkenschaf handelt oder nicht, ist noch ungeklärt. Um 12:30 Uhr erreichen wir auf 2130 m das Riemann-Haus auf der östereichischen Seite des Watzmann. Ein kurzes Telefonat nach Hause sagt mir: „Zuhause ist alles im Lot“. Beim Blick ins Tal stellt man fest, unten scheint die Sonne! Doch mittlerweile haben wir eine Methode gefunden wie wir den Nieselregen abstellen können. Immer wenn ich meinen Regenschirm aufspanne, (Nein ich bin kein Engländer) hört es auf zu regnen. Wenn ich ihn wieder einpacke beginnt es wieder. Gegen 13:15 Uhr führt uns der Weg weiter über das Steinerne Meer. Und auch diesmal, wie schon bei der Wanderung ´98 ist der Weg übers Steinerne Meer reine Nervensache. Den letzten Bergkamm kann man schon bald nach verlassen des Riemann-Hauses sehen. Doch die vielen kleinen querlaufenden Täler, übersäht mit großen teils stark ausgewaschenen Steinen und die hier immer häufiger vorkommenden Schneefelder benötigen doch mehr Zeit zum durchwandern als der innere Schweinehund rein optisch kalkuliert hat. Doch mit gut zureden und einem Schnäpschen konnten wir so manche Bis hier her geh ich und keinen Schritt weiter-Schwelle überwinden. Und endlich um 17:00 Uhr kamen wir am Ingolstädter Haus an. Es hat 10°C und durch die Lage an einem Bergkamm der hier wie ein Kamin wirkt, bläst es einem anständig um die Ohren. Selbst die Raucher (die ganz harten) bleiben bei so einem Lüftchen nicht lange vor der Tür.

Samstag 21.06.2003 Abstieg vom Ingolstädter Haus 2119m über Wimbachgries nach Ramsau

Wie uns die Wirtin bestätigte war das Ingolstädter Haus in dieser Nacht besonders stark belegt und so musste das Abendessen zum Teil im Schichtbetrieb eingenommen werden, weil die Gaststube und das Nebenzimmer bis auf den letzten Platz besetzt waren. Bis weit nach Zehn Uhr schmetterte außerdem ein musikalischer Wanderer, oder besser Entertainer, sein Pop- und Rockreportoire aus seiner Coverbandzeit zum besten, sodass die Hütte regelrecht erbebte. Einige Wanderer die spontan und erst später die Hütte erreichten mussten sich in der Nacht mit einem Notlager in der Gaststube begnügen. Wir hatten den Vorzug in einem Lager mit insgesamt 20 Personen zu nächtigen. Eigenartiger Weise schnarchte hiervon nur zwei in der Zeit in der ich noch wach war. Mag’s an der beachtlichen Frauenquote gelegen haben? Ans öffnen des Fensters war allerdings nicht zu denken, da der Regen an die Fensterscheibe prasselte. Jedoch stellte ich am Abend die These auf das es am nächsten Tag schönes Wetter geben wird und so hoffte ich innig in der Nacht das bei diesem Regen und Sturm auch wirklich alles runter kommt.

Am nächsten Morgen hatte es draußen 6°C und nur das vom Schmelzwasser gewonnene Waschwasser war kälter. Es hatte dichten Nebel aber ich glaubte/hoffte das der Nebel noch aufreist und ein älterer, mit mehr Gebirgserfahrung bestückter Wanderer bestätigte: „Jo des wird heid gwies scheh!“ Unter diesen Vorzeichen begann der Abmarsch ins Tal um 08:30 Uhr und führte uns zunächst erst noch einmal ein Stück hinauf aufs Hundstodgatterl 2188m von wo es nur noch, zunächst jedoch sehr steil bergab ging. Und tatsächlich erfüllte sich meine Wetterprognose und die Wolken verschwanden allmählich und uns wurde eine Serie von immer neuen postkartenartig schönen Ausblicke auf den nun entzauberten Watzmann geliefert.

Auf dem teils mit Geröll versehenen Untergrund hörten wir von einigen entgegenkommenden Wanderern das ein Stück weiter unten gerade jemand ca. 70m abgestürzt war und der Versuch mit dem Handy Hilfe herbei zu hohlen wegen der Entfernung zum nächsten Wohnort nicht möglich war. Wie wir jedoch noch später erfuhren, hatte ein anderer Wanderer bergabwärts in unserer nächsten Raststation der Wimbachgrieshütte Hilfe organisiert und so kam ca. 2 ½ Stunden später ein Bergrettungshubschrauber geflogen um den Verunglückten zu bergen. Seine Begleiter hatten ihn bei unserer Ankunft am Unfallort bereits notversorgt und ihm einen Kopfverband angelegt und in eine Alufolie gehüllt. Da unsere Hilfe hier nicht von Nöten war setzten wir unseren Abstieg fort und kamen um 15:00 Uhr an der Wimbachgrieshütte 1327m an. Bei Bier und Radler diskutierten wir die auf dem Weg neu entdeckten schmerzhaften Stellen am eigenen Körper. Eine halbe Stunde später starteten wir ein letztes mal durch und liefen den 8 Kilometer langen Schotterweg durch das wildromantische Wimbachtal, vorbei am Wimbachschloß einem früheren Jagdhaus, hinunter nach Ramsau (600m), wo wir gegen 19:00 Uhr ankammen. Hier wurde Peter von seiner Frau Anette abgeholt und Thomas zum Ausgangspunkt nach Schönau chauffiert, wo er unseren Kleinbus holte um uns zum Nachtquartier in die Gaststätte Waldstein zu fahren.

Nach einer Dusche, diversen Fuß- und Hautcremes oder anderer Restaurierungsversuche versammelten wir uns teils schleppend und teils humpelnd zum Abendessen. Da uns selbst für ein üppiges Abendessen die Kraft fehlte (O-Ton Thomas: „Ich gleb ich es’n Seniorenteller!“), versuchten wir auch nicht uns recht weit von den auf Berghütten üblichen Schlafenszeiten zu entfernen.

 

Andreas Kübert